Wieso ist das im Strafverfahren so?

3 Antworten

Vom Fragesteller als hilfreich ausgezeichnet

Es gibt dafür eigentlich keinen plausiblen Grund. Die Anwaltschaft in Deutschland fordert das schon Jahrzehnte. Deutschlands Justizsystem ist noch sonderlich gut im Strafrecht. Genaugenommen würde Deutschland heute deswegen nicht mehr in die EU aufgenommen werden. Von allen Mitgliedsstaaten sind wir in dem Bereich ein Sonderfall.

Es gibt noch einige Richter (ü60) die sich wehren. Es wird aber irgendwann kommen. Die Frage ist nur wie viel Zeit sich Deutschland da lässt.


BSimon91  23.09.2019, 10:56

Hast du eine Quelle für die Behauptungen bezüglich der Nichtaufnahme in die EU und das unser Rechtssystem im Strafrecht schlecht ist?

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Jaegerluecke  23.09.2019, 11:06
@BSimon91

Na ja eine direkte Quelle selbstverständlich nicht. Das wäre ja durch die Tatsache das Deutschland bereits in der EU ist gar nicht möglich. Seit den Rom-Verträgen (1957) werden Justizsysteme der Mitgliedsstaaten nicht mehr überprüft (also wenn sie einmal drin sind). Ist ist lediglich eine Vermutung aufgrund von Tatsachen. Die müsste jeder für sich selber bewerten.

Man muss also als erstes wissen was vorgeht wenn jemand der EU beitreten will. Dann untersucht die EU beispielsweise auch das Justizsystem und schaut ob dies dem Standart der EU gerecht wird, für eine Aufnahme in die EU reicht.

Im Jahre 2018 (März) wurde das Justizsystem von Zypern untersucht, die EU Kommission hat hier bemängelt, dass Zypern Gerichtsverfahren lediglich stenografisch dokumentiere. Dies müsse, so die Kommission, mindestens akustisch sein.

Jedes andere Mitgliedsland außer Deutschland und Belgien hat akustische Dokumentation. Jedes EU Gericht, internationale Strafgerichtshof etc. Belgien immerhin auch stenografosch.

Also wenn es bei Zypern schon bemängelt wurde, dass „steno“ nicht ausreicht, dann reicht es für Deutschland ganz sicher nicht aus.

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BSimon91  23.09.2019, 11:12
@Jaegerluecke

Naja, bei den jährlichen Vergleiche der Justizsysteme der EU schneidet Deutschland eigentlich immer gut ab. Das nur aufgrund von Dokumentationsmängel in einzelnen Verfahren schlecht zu reden ist etwas sehr simpel. Die Hauptaufgaben werden gut gemeistert.

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Jaegerluecke  23.09.2019, 11:22
@BSimon91

Im Strafrechtssystem schneidet deutschland nicht besonders gut ab. In den Zivilrechtssystemen stimmt das eher. Es geht hier aber um das Strafrecht und die EU legt eben sehr hohe Maßstäbe an die an die Beitreten wollen. Darum meine Aussage, Deutschland würde einen erneuten Beitritt so nicht schaffen.

Das ändert nichts daran, dass das Justizsystem ganz ok ist. Im vergleich zum BIP aber eher ne traurige Geschichte. Da zeigen dann andere EU Mitglieder deutlich, dass sie besser sein. Deutschland ist meist so auf dem sechsten Platz (weltweit). Alle oberen Plätze haben andere Staaten der EU, es gibt also fünf (insgesamt) bessere „Systeme“ in der EU bzw. Besser bewertete.

Nun kann man sich darauf ausruhen oder eben die Punkte die schlecht sind auch wirklich benennen. Jeder wie er mag. Ich bin immer für Verbesserung und stehe nicht so auf alte Lorbeeren.

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BSimon91  23.09.2019, 11:28
@Jaegerluecke

Zu den vorderen Plätzen braucht es nicht viel und es liegt wohl eher daran, dass sich Deutschland nicht darum bemüht. Es wird schon ewig gefordert mehr Stellen zu schaffen etc. aber das Geld wird lieber für was anderes ausgegeben.

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Jaegerluecke  23.09.2019, 11:31
@BSimon91

Das ist schon etwas komplexer. Kann aber auch sein, dass du ein anderes Ranking meinst. Ist aber auch davon unabhängig. In diesem Fall wäre, wie ich schrieb, Deutschland ohne Zweifel gerügt worden und genau das ist auch ein massives Problem im deutschen Strafrechtsverfahren. Bei allem Protektionismus den manch einer hat.

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Weil die Dokumentation unnötig ist.

Gegen Urteile von LG und OLG ist nur Revision möglich. Dabei findet keine neue Beweiswürdigung statt, daher ist es unbeachtlich, was der Zeuge direkt ausgesagt hat.

Gegen Urteile des Amtsgerichtes ist allerdings die Berufung möglich und anstatt den Zeuge neu zu laden, kann dann das Protokoll verlesen werden.


Jaegerluecke  23.09.2019, 12:25

Ich weiß du meinst etwas anderes. Denn so ist das natürlich zirkelschlüssig. Gerade für die Revision ist das nämlich von Bedeutung. Genau weil dort keine Zeugen direkt aussagen. Es findet nur auf Aktenbasis eine Überprüfung statt. Vor Gericht ist fast nie die juristische Frage problematisch sondern die Tatsachenfrage, wer glaubt wem und was.

Das Urteil von Richtern findet nach der Beweiswürdigung statt. Die Beweiswürdigung sind die Aussagen. Gibt es davon gar kein Protokoll, dann kann ein Revisionsrichter gar nicht nachvollziehen ob diese Beweiswürdigung dann „richtig“ ist.

Besonders schön hat die Problematik mal der BGH Richter Thomas Fischer erklärt, warum die Revision so einfach ist es aber eigentlich ziemlich problematisch ist, dass man keine Wortprotokolle hat.

Selbst der Richter in der Hauptverhandlung würde ziemlich profitieren. Denn so muss er jetzt gerade zuhören und gleichzeitig selber mitschreiben. Das kostet einiges an Energie.

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Meandor  23.09.2019, 12:33
@Jaegerluecke

Aber so sieht nun Mal unser Strafverfahren aus. Im Regel gibt es eine Instanz und die entscheidet den Fall. Die folgenden Instanzen entscheiden den Fall nicht neu, sondern prüfen nur, ob der Ablauf der zur Entscheidung geführt hat, korrekt ist.

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Jaegerluecke  23.09.2019, 12:47
@Meandor
Aber so sieht nun Mal unser Strafverfahren aus.

Komm, dass kann doch unmöglich dein Argument sein?

Wenn ein Fehler vorliegt, dann sagt man doch nicht. Ja so ist es nun einmal. Die StPO wird ständig geändert, gerade jetzt ist eine große geplant. Dort fehlt, trotz bemühen vieler, der Punkt nicht drin und das ist problematisch. Wie ich unten aufgeführt habe, die EU-Kommission kritisiert das bei Aufnahmeländern stark.

Erklärt aber auch nicht die Frage des Fragestellers. Zu sagen weil es so ist, ist blödsinnig. Man könnte es ja ohne Probleme ändern. Man macht es auch in kleinen Schritten. So dürfen nun schon Urteile gefilmt werden. Daher sieht man die Verkündung öfter mal in der Tagesschau. Das ist auch noch relativ frisch. Da hat dann die Regierung auch nicht gesagt, nun so ist es so bleibt es. Das ist allgemein im Recht ein ziemlich schlechter Ratgeber.

Die folgenden Instanzen entscheiden den Fall nicht neu, sondern prüfen nur, ob der Ablauf der zur Entscheidung geführt hat, korrekt ist.

Genau und das können sie nicht umfassend, wenn das komplette Beweismittel Zeuge fehlt.

Wirklich besonders war mal ein Richter vom BAG oder BGH weiß nicht mehr genau, der war massiv gegen die Aufzeichnungen etc. Dann wurde er an den EuGH abgeordnet wo das gang und gebe ist. Seine Aussage heute: Er wäre ziemlich dumm gewesen das nicht zu fordern. Nun da er es kennt will er nicht mehr ohne und gibt das auch allen seinen Kollegen so weiter.

Wie schon gesagt, ein Richter muss in der Verhandlung selber mitschreiben was gesagt wurde etc. kognitive Leistung die man anders nutzen könnte. Gerade wenn es Verfahren wie der NSU Prozess sind.

Es gibt kein wirkliches Argument das dagegen es einzuführen.

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Meandor  23.09.2019, 14:07
@Jaegerluecke
Komm, dass kann doch unmöglich dein Argument sein?

Doch, denn ich sehe ja keinen Fehler darin.

Genau und das können sie nicht umfassend, wenn das komplette Beweismittel Zeuge fehlt.

Zeugenaussagen sind und waren nicht wirklich gute Beweis. Zudem ist die Würdigung eines Beweismittel, und gerade auch die Würdigung eines Zeugenaussage sowieso nicht überprüfbar. Es liegt im Ermessen des Richters in wie weit er eine Zeugenaussage für glaubwürdig hält oder nicht. Eine weitere Instanz kann maximal darüber urteilen, ob das richtig oder falsch ist, es kann aber keine Gewichtung geben. Würde die Revisionsinstanz die Glaubwürdigkeit eines Zeugens selbst beurteilen, dann wäre es keine Revision mehr, sondern eine neue Tatsachewürdigung und somit ein Berufungsverfahren. Das darf und soll es aber nicht sein.

Klar mag es keine wirklichen Argumente dagegen geben, aber... es fordert zusätzliche Mittel. Irgendwer muss mitschreiben/mitfilmen, das bedeutet zusätzliche Arbeitsplätze und somit zusätzliche Kosten und somit stellt sich die Frage der Notwendigkeit.

Und eine konkrete Aussage, dass es zu Fehlurteilen gekommen ist, weil wir die Verschriftung der Aussage nicht hatten, sind mir nicht bekannt.

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Auch im Strafverfahren werden die Zeugenaussagen protokolliert.


Seatmentor 
Fragesteller
 23.09.2019, 11:13

Das habe ich auch geschrieben, beim Amtsgericht wird von dem Protokollant das gesagte in eigenen Worten zusammengefasst. Jedoch nicht wörtlich.

Mir geht es aber um das Landes- und Oberlandesgericht. Dort werden gar keine Aussagen festgehalten sondern nicht: „Zeuge wurde belehrt und hat zur Sache ausgesagt.“

Mehr steht in den Protokollen zu der Aussage nicht. Musst dir mal ein solches ansehen.

Der Richter macht sich einzig, dass überall, handschriftliche Notizen. Das ist keine 1 zu 1 Protokollierung. In gar keinem Zweig in Strafverfahren.

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Oponn  23.09.2019, 11:15
@Seatmentor

Gmäß StPO werden die Ergebnisse der Zeugenvernehmung protokolliert. Egal an welchem Gericht.

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Seatmentor 
Fragesteller
 23.09.2019, 11:27
@Oponn

Ja werden sie doch auch. Habe ich doch geschrieben:

Zeuge wurde belehrt und Zeuge sagte zur Sache aus.

Das ist das Protokoll. Es wurde protokolliert, dass der Zeuge aussagte. Es wurd nicht protokolliert was er aussagte. Das ist ein gewaltiger Unterschied.

Das muss dan genau beantragt werden. Un kann auch abgelehnt werden.

§ 273 StPO:

1Kommt es auf die Feststellung eines Vorgangs in der Hauptverhandlung oder des Wortlauts einer Aussage oder einer Äußerung an, so hat der Vorsitzende von Amts wegen oder auf Antrag einer an der Verhandlung beteiligten Person die vollständige Protokollierung und Verlesung anzuordnen.

Nur wenn es einen Antrag gibt. Der kann auch abgelehnt werden. Sonst ist im Protokoll das enthalten was ich schrieb.

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Oponn  23.09.2019, 12:00
@Seatmentor

§ 273 StPO:

(2) Aus der Hauptverhandlung vor dem Strafrichter und dem Schöffengericht sind außerdem die wesentlichen Ergebnisse der Vernehmungen in das Protokoll aufzunehmen; dies gilt nicht, wenn alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel verzichten oder innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt wird.

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Seatmentor 
Fragesteller
 23.09.2019, 12:04
@Oponn

Willst du mich verarschen? Sorry, entweder bist stellst du dich wirklich absichtlich richtig dumm oder du verstehst kein einziges Wort von dem du schreibt.

Strafrichter — Schöffengericht

Ich habe schon gesagt, das es vor Amtsgerichten im Protokoll vom Protokollführer eine Art Zusammenfassung der Aussage gibt. Aber auch da, keine 1 zu 1 Protokoll, sondern nur „die wesentlichen Erkentnisse“, also praktisch subj. vom Protokollführer gefiltert. Ich habe schon in der Frage geschrieben, dass es um das Landes- und Oberlandesgericht geht.

Du weißt weder was ein Protokoll ist, noch was ein Strafrichter oder Schöffengericht ist. Sorry, aber dafür ist mir meine Zeit hier zu schade. Ich mein wer nicht mal die Frage lesen kann, der braucht hier wirklich kein Mitleid erwarten.

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Seatmentor 
Fragesteller
 23.09.2019, 12:09
@Oponn
Das Schöffengericht ist nicht zuständig, wenn die  Staatsanwaltschaft wegen der besonderen Bedeutung des Falls Anklage vor dem Landgericht erhebt oder sonst die erst instanzliche Zuständigkeit beim Landgericht oder  Oberlandesgericht liegt, etwa in  Staatsschutzsachen.

Ich habe extra geschrieben, dass es um die schweren Delikte geht.....

Der Einziger der keine Ahnung hast bist du bzw. Nicht lesen kann.

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Seatmentor 
Fragesteller
 23.09.2019, 12:16
@Oponn

JA es geht nicht um AMTSGERICHTE!!!

Bei schweren Delikten ist das Landgericht erste Instanz und dann lese es oben.

Das Schöffengericht ist nicht zuständig, wenn die  Staatsanwaltschaft wegen der besonderen Bedeutung des Falls Anklage vor dem Landgericht erhebt oder sonst die erst instanzliche Zuständigkeit beim Landgericht oder  Oberlandesgericht liegt, etwa in Staatsschutzsachen.

Nochmal, Mord z.B. wird niemals in erster Instanz beim Amtsgericht verhandelt. Sondern erste Instanz ist das Landgericht. Ist die erste Zuständigkeit das Landgericht ist das Schöffengericht nicht zuständig.

Dann nochmal die Norm:

Aus der Hauptverhandlung vor dem Strafrichter und dem Schöffengericht sind außerdem die wesentlichen Ergebnisse der Vernehmungen in das Protokoll aufzunehmen; dies gilt nicht, wenn alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel verzichten oder innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt wird.

Wo gibts die, Amtsgericht, da habe ich gesagt das es zusammengefasst wird. Es geht um Sachen die vor dem LG oder OLG sind. So haben wir es jetzt, dass du die Frage beantworten kannst oder brauchst du mehr infos um die überhaupt erst zu verstehen?

Es gibt bei schweren Straftaten keine 1 zu 1 Protokollierung. Punkt.

Edit: ah du hast deinen Fehler wohl selber verstanden und daher ...

wenigstens das.....

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