Wie findet ihr das deutsche Schul- und Notensystem?

5 Antworten

Losgelöst von jeglichen Benotungen und Bewertungen betrachtet (gegen die ich einen unerschütterlichen Groll hege) finde ich das System, nachdem man das Lesen, Schreiben und die Grundrechenarten erlernt echt gut umgesetzt in Deutschland. Ich habe zu meiner Grundschulzeit nicht das Gefühl gehabt, ich verpasse etwas wichtiges. Bin trotz meiner offensichtlichen Durchschnittlichkeit gut mitgekommen und habe das Gefühl, ich habe das gut und solide gelernt.

Doch da hörts bei mir schon auf:

  1. Schulsysteme vereinfachen, mehr zusammenfassen. Es wird viel zu viel zwischen Gymnasium, Real- und Hauptschule differenziert. Man täte ein gutes daran, den jungen Leuten NICHT zu vermitteln, sie seien entweder brauchbar, scheiße oder komplett scheiße. Ein System, nachdem jeder individuelle Schüler seine Schwerpunkte setzen kann und ein System, das in den Bereichen, in denen der individuelle Schüler nicht glänzt, ihm trotzdem eine grundsolide Allgemeinbildung verschaffen kann, ist jeglichem weiterführenden Schulsystem aus offensichtlichen Gründen vorzuziehen. Das Konzept der IGS/KGS finde ich geht schonmal in eine gangbarere Richtung.
  2. Das Bewertungssystem. In meinen Augen gibt's nichts Schlimmeres als unser aktuelles Bewertungssystem, wenn man über "Schule" nachdenkt. Man möge sich nur einen jungen Menschen vorstellen, der während seiner Pubertät, und im Zeitalter der social media, heranwächst. Es wird von links und rechts bewertet, entwertet, pauschalisiert und polarisiert. Es herrscht ein dermaßen übertriebener Informationsüberfluss, dass sich anhand computertomografischen Untersuchungen junger Gehirne strukturelle Veränderungen beobachten lassen. Und wir wollen diese Menschen dann systematisch Bewerten, nach längst veralteten und faktisch bescheuerten Kriterien? Inwieweit wird sich ein Schüler dazu aufgefordert sehen, seine 5 in Mathe zu verbessern, wenn er zunehmend aus sämtlichen Lebensbereichen das Gefühl vermittelt bekommt, dem Ideal nicht zu entsprechen? Welche argumentative Grundlage rechtfertigt das Bewerten seitens der Schule im Bezug auf die bereits genannten Stressfaktoren seitens des Internets und der modernen Gesellschaft?

Wir würden viel besser damit fahren, uns erstmal Gedanken darüber zu machen, wie wir der heutigen Jugend in Sachen Selbstbewusstsein, Selbstwert und Selbstakzeptanz zur Seite stehen könnten - allgemein psychologisches und psychotherapeutisches Training sollte fester Bestandteil des Lehrplans sein. Wir müssen uns Gedanken machen, wie wir die Schüler in interessante Projekte verwickeln können, anhand derer sie relevante und aktuelle Lerninhalte vertiefen und - vor allem - einsetzen können. Wir müssen uns ein System einfallen lassen - und ich behaupte nicht, dass ich eine Idee habe, wie das konkret aussehen muss -, dass dem Schüler auf gesunde Art und Weise aufzeigt, in welchen Bereichen er gut ist und in welchen Bereichen er ausbaufähig ist. Wir müssen folglich uns überlegen, wie wir das Ausbauen dieser ausbaufähigen Bereiche umsetzen, um so Schülern zu helfen, die an irgendeiner Thematik, bei der sie nicht weiterkommen, zu helfen, sodass der Schüler nicht an seinen Problemen verzweifelt sondern Perspektive bekommt.

Ich weiß, dass ich sehr polarisierend formuliere. Aber ich erkenne einfach an mir selbst, wie das Schulsystem mir aktiv geschadet hat und mich nie bei meinen Problemen in der Jugend unterstützt hat. Des weiteren beobachte ich sehr viel auf gutefrage, wie junge Schüler sich über den immer anwachsenden Druck aus der Schule und im Rest ihres Lebens beschweren. Die heutige Jugend ist die, die unsere Zukunft trägt und von denen wir abhängig sind. Wenn wir diese Menschengruppe vernachlässigen, vernachlässigen wir uns selbst und schaufeln uns unser eigenes Grab.


urmom555 
Fragesteller
 10.11.2022, 18:15

Ich stimme absolut zu. Ich bin selbst noch Schülerin und bin total unzufrieden mit dem kompletten System, kann aber leider nicht viel machen. Danke für die ausführliche antwort :)

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RoobyWoobyBooby  10.11.2022, 18:18
@urmom555

Wünsche dir trotz allen Übels viel Erfolg! Ich fange nächstes Jahr mein Lehramtsstudium an und hoffe, ich werde in der Richtung was bewegen können.

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Als Schüler kann ich sagen, dass das Schulsystem nach der Grundschule kontraproduktiv ist. Die Benotung ist meiner Meinung nach Ok, wobei ich nicht verstehe warum ältere Jahrgänge immer noch auch mündlich benotet werden. Man sollte einfach nur die Schriftlichen Leistungen bewerten und mehr Tests/Arbeiten schreiben. Schüler sollten ab z.B der 10. Klasse mehr Fächer selbst entscheiden können. Ich bin komplett frustriert wenn ich in Kunst irgendwelche Bilder malen muss, obwohl ich weiß das es mich nicht interessiert und im Leben nicht weiterbringen wird. Der Fokus liegt generell zu wenig auf den Naturwissenschaften. Man hat, jedenfalls in der 1. Sekundarstufe, nie die drei Naturwissenschaften Bio, Physik und Chemie gleichzeitig. Zudem glaube ich, dass gute Schüler zu wenig gefördert werden. So wäre eine Lösung beispielsweise schon früh einen Jahrgang übergreifenden Mathe Test zu schreiben bei dem die besten an einem seperaten Kurs außerhalb der Klassengemeinschaft teilnehmen, denn viele Jugendliche fühlen sich besonders in Fächern wie Mathe unterfordert. Das ist verschwendetes Potenzial.

Ich finde es sollte keine Noten in Sport geben, weil man da einfach nicht viel beeinflussen kann und die Bewertung unfair ist. Und es sollte insgesamt weniger Noten geben, da der Leistungsdruck gerade in den höheren Klassen schon fast unmenschlich hoch ist.

Ist eigentlich schlecht.

Man muss in sämtlichen Bundesländern den selben Lehrplan haben. Sodass man ohne Probleme von einem in ein anderes Bundesland gehen kann.

Woher ich das weiß:Studium / Ausbildung – Lokführer, Maschinenschlosser, Betriebsschlosser

Ich würde die körperliche Züchtigung wiedereinführen