Woran erkennt man in der Psychotherapie das Phänomen Übertragung?

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Übertra­gung be­schreibt ein Inter­aktions­muster, das bei Menschen ganz universell vorkommt. Mit alten Erfahrungen geht man weiter und bringt diese in seine Realität ein, womit die Realität ständig neu definiert wird. Und das be­zieht sich auf Gegenständliches wie auf Zwischen­mensch­liches. Erfahrungen und Be­ziehungs­muster, mit denen man aufge­wachsen ist, überträgt man auf andere Beziehungssituatio­nen. Und das ist sinn­voll, weil damit eine Vor­orien­tierung möglich ist. So muß man nicht ständig alles neu für sich defi­nieren. Es kann aber dazu führen, daß man ein­di­mensio­nal wird und nur noch diese Muster eingeht. Und das führt dazu, daß das Spektrum, sich in Beziehungen zu ver­hal­ten, relativ gering ist. Das Leben kann so praktisch zu einen Ablauf von Wiederho­lun­gen ausarten.

Übertragung erfolgt von einer Drittperson auf eine andere. Ich bringe meiner Chefin am Arbeits­platz be­stimmte Ge­fühle entgegen, die eigentlich meiner Mutter gehören. Es wer­den z.B. Gefühle, Verhalten und Ein­stellungen, die ich in der Beziehung zu meiner Mutter gelernt habe in einer anderen und damit unpas­senden Situation aktualisiert. Bei der Über­tragung ist der Beziehungs­aspekt viel stärker als bei der Projek­tion.

Als Regel gilt: Bei Übertragung sind drei Personen beteiligt, bei Projektionen nur zwei.

Bereits Freud mußte sein Widerstreben aufgeben und die Übertragung als äußerst nützlich ansehen. Anna Freud definierte die Übertragung wie folgt: Übertragung nennen wir alle jene Regungen des Patienten dem Analytiker gegenüber, die nicht in der aktuellen analytischen Situation neu entstehen, sondern aus früheren und frühesten Objektbeziehungen stammen und unter dem Einfluß des Wiederholungszwanges in der analytischen Situation nur neu belebt werden.

Balint sagte: Der Vorgang der Übertragung ist eine sehr wichtige, ganz allgemeine Erscheinung, die unser ganzes soziales Leben durchwirkt. Es ist keine Übertreibung zu sagen, daß es kaum eine Sphäre sozialen, religiösen, politischen Lebens gibt, in welcher die Übertragung nicht eine wichtige Rolle spielt.

Perls meinte dagegen: .. ist es unnötig von der Übertragung zu sprechen oder an anderer Stelle: Die Beschäftigung mit der Übertragung bedeutet eine unnötige Komplikation - eine Zeitverschwendung.

Der Begriff Übertragung kann auch mißbraucht werden. So kommt es immer wieder vor, daß ein Therapeut die berechtigte Kritik seines Klienten als Übertragung abtut und sich selbst außen vor hält. Er entscheidet für sich allein, ob und wann eine Übertragung des Klienten vorliegt. Dagegen fordert Greenson: Der Therapeut kann verletzende Bemerkungen des Klienten nicht einfach als bloße Übertragung abtun und sie lediglich zum Gegenstand von Deutungen machen. Die Versuchung, der wir unterliegen, uns gegen die peinlichen Erkenntnisse realer Mängel zu verteidigen, muß ebenfalls bekämpft werden - unserer Meinung nach nicht nur durch Selbst­re­flektion, sondern gelegentlich auch in einem realistischen, offenen Meinungsaustausch mit dem Patienten.

Gegen­über­tragung im engeren Sinn ist komplementär zur Übertragung. d. h. der Therapeut sieht den Klienten als Sohn, wenn der ihn als Vater sieht. An­dere fassen den Begriff weiter: Jedes Gefühl, das der Therapeut auf den Klienten von sich aus hat, ist Gegen­über­tra­gung. Es gibt aber keine Kommission, die das genau definiert. Man muß es im­mer klären.

Immer wenn Übertragung oder Gegenübertragung vorliegt oder vermutet wird, sollte es mit dem Klienten be­sprochen und bearbeitet werden. Auf keinen Fall sollte sich der Therapeut, der be­merkt, daß sein Klient in ihm den guten oder besseren Vater sieht, auf diese schmeichelhafte Rolle einlassen, wenn er dafür gegen sein Ge­fühl angehen müßte. Das funktioniert nicht und führt ledig­lich zur Verlängerung der Therapie, bis es schließ­lich doch herauskommt.

Übertragung" und "Gegenübertragung" spielen in jeder Beziehung eine Rolle. Besonders wichtig sind sie jedoch in einer psychoanalytischen Therapie. ... den Arzt zugehe, nennt manÜbertragung“.

https://www.medizin-im-text.de/2019/50/ubertragung/

Projektion (Psychoanalyse) – Wikipedia

Projektion bezeichnet in der Psychoanalyse allgemein – und von Schulen unabhängig – einen Abwehrmechanismus. Der Begriff Projektion umfasst das Übertragen und Verlagern innerpsychischer ...