Was ist eure Meinung zu alten deutschen Kinderbüchern (schwarze Pädagogik)?

6 Antworten

Diese Bücher wiesen auf bestimmte Probleme, die Kinder haben können (ebenso Probleme zwischen Kindern und Eltern sowie "anderen Erwachsenen"), hin - und zwar auf die Weise, wie es im 19. Jahrhundert allgemein üblich war. Man kann sie heute noch gut nutzen, wenn man die Probleme im Gespräch mit dem Kind thematisiert - und zeigt, dass da nicht alles wörtlich zu nehmen ist. Das ist ja bei Märchen ähnlich.

Umschreiben im Sinne von "anpassen an unsere Zeit" halte ich nicht für sinnvoll. Es sind eben Zeitdokumente. Es gibt genug "moderne Kinderbücher".

Ich muss das aus 2 verschiedenen Blickwinkeln sehen. Zum einen sehe ich das als Konsument der damit aufgewachsen ist, zum anderen sehe ich das als die Erzieherin die ich geworden bin.

Ich bin damit groß geworden. Ich hatte den Struwelpeter und ich hatte die Struwelliese. Den Peter bekam ich mit 4, die Liese mit 8 als ich schon selber lesen konnte. Zuerst einmal bekam ich es, weil ich mit 4 auch an meinen Fingern genuckelt hatte und der Daumen durch die Feuchtigkeit so kaputt war, das der Nagel gezogen werden musste. Danach bekam ich das Buch. Dadurch das ich wusste der Daumen wird nicht abgeschnitten, sondern in schlimmsten Fall wird der Nagel gezogen, wusste ich das diese Geschichten spannend sind, aber nicht wahr. Wobei man das eine oder andere später auch durchmachte. Ich flog in einen Bach weil ich träumte ich ärgerte den Hund und er biss. Aber das sind Sachen, da sagt man sich, das hast du im Struwelpeter gelesen. Du wusstest es. Lerneffekt war aus diesem Buch also nicht zu erwarten. Es war eine spannende Geschichte.

Als Erzieherin sehe ich das mit diesen Büchern von einer anderen Seite. Ja, diese Bücher können Angst machen, es kommt aber auf die Situation des Kindes an. Droht man mit dem Buch, droht man mit den Situationen mit dem Buch? Hier werden wenn/dann Erziehungsmethoden genommen. Klar, wenn man mit Feuer spielt, dann brennt es. Früher mag es gereicht haben dem Kind eine Story zu erzählen und das Kind war lieb und hat es nicht gemacht. Heute sind die Kinder anders. Erzähle ihnen etwas, und sie wollen es austesten. Notfalls auch wenn die Eltern nicht in der Nähe sind oder einen Moment nicht aufpassen. Die Geschichte vom Suppenkasper ist in heutiger sich alles andere als Zeitgemäß, wo jeder zweite ein Problem mit dem Essen hat, entweder zu dick ist, oder zu dünn. Beim Suppenkasper fällt man von einem Extrem ins nächste. Hier wird suggeriert, dass nur ein Kind welches propper ist und kugelrund auch gesund ist. Dazu muss man verstehen, das es zu Zeiten, in denen das Buch geschrieben wurde als gesund galt wenn man mehr auf den Rippen hatte. Es war ein Zeichen von Gesundheit und Wohlstand. Die Sache mit dem Mohr darf man so auch nicht mehr erzählen ohne das man in die rechte Ecke gedrängt wird.

Würde ich das Buch meinen eigenen Kindern kaufen? Ja. Allerdings erst enn sie eine gewisse Reife haben, sprich wenn sie lesen können und schon verstehen das diese Dinge so wie sie geschrieben sind so nicht passieren können.

Das Leben ist hart. Die Konsequenzen von Fehlverhalten ist hat. Das dürfen auch Geschichten für Kinder widerspiegeln.

Wer nicht genug ist, stirbt. Wer Hans-guck-in-die-Luft (oder auf heute gefasst; Hans-guck-auf-das-Handy) gibt, der kann vom Auto überfahren werden.

Ich würde diese Geschichten auch heute noch Kindern vorlesen und es ihnen erklären, dass Taten immer Konsequenzen haben. Und nicht selten eben auch grausame.


nai96 
Fragesteller
 17.08.2021, 12:46

Und wer am Daumen lutscht bekommt von einem verrückten die Finger abgeschnitten? :)

Ich verstehe das, auch die Moral dahinter. Ich weiß nur nicht ob das nicht zu "züchtigende" Lehren hat. Ein hyperaktives Kind zum Beispiel kann nicht einfach still gehalten werden. (zappel Phillip).

Versteh aber was du meinst

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cas65  17.08.2021, 12:49
@nai96

Wer am Daumen lutscht, muss zum Zahnarzt. Und das oft recht lange und unangenehm. Mancher ließe sich da vielleicht eher den Daumen abschneiden?

Hätte es damals schon Kieferorthopädik gegeben, hätte man sicher eine andere Folge gewählt. ;)

Naja und das mit dem AD(H)S - sagte nicht gar der "Entdecker" dieser Krankheit selbst, er habe es "erfunden"??? ;)

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nai96 
Fragesteller
 17.08.2021, 12:50
@cas65

Ich versteh deinen letzten Abschnitt nicht so recht :)

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nai96 
Fragesteller
 17.08.2021, 13:06
@cas65

Mit sowas bin ich erstmal vorsichtig.

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Schwarze Pädagogik? Nennt man diese Bücher heute wirklich so? Zählen dazu neben Struwelpeter dann auch Grimms Märchen oder das Große Wilhelm Busch Buch? Wenn ja, absolute Verleumdung der Geschichte. Wenn nein, ist auch gut so, denn geschadet hat es keinen von denen, die es gelesen haben oder als Hörspiel Kassette rauf und runter gehört haben, so wie ich. Noch heute habe ich das Wilhelm Busch Buch und lese darin ab und an.

Struwelpeter, Rotkäppchen und diese unzähligen Märchen und Sagen aus alter Zeit sind weder schlimm noch sollten Sie den heutigen Kindern vorenthalten werden.

Es sind nicht nur Zeitzeugen, sondern auch Mahnungen, Warnungen und Ausblicke was passieren kann und könnte. Jedes Kind wird sie verstehen, wenn es von einem Erwachsenen vorgelesen und bei Fragen erklärt wird.

Ich glaube auch, dass es in anderen Kulturkreisen ähnliche Sagen, Mythen oder Erzählungen gibt, die man früher Kindern vorgetragen hat nur damit sie keinen Unsinn machen, ihren Teller schön auf essen oder eben nicht das Haus anstecken.

Woher ich das weiß:eigene Erfahrung

Kenn sie auch, die haben mich nie wirklich beeindruckt, meine Kinder haben sowas nicht vor die Nase gesetzt bekommen, erziehen kann ich allein, dazu brauch ich keine fragwürdigen Kinderbücher oder sonstige Ratgeber von wohlmöglich Kinderlosen Autoren die selbst keine Ahnung haben.

Leute die das heute noch benutzen um kleine Kinder bewusst zu erschrecken, haben für mich nicht nur ein an der Klatsche sondern komplett die Kontrolle über ihr Leben verloren.

Woher ich das weiß:Hobby – Lesen ist das Trinken von Buchstaben mit den Augen. (Lahm)