Abschreiben im Mathestudium?
Hallo. Ich bin derzeitig im 5ten Semester vom Mathe Bachelor, und ich muss zugeben, dass ich ziemlich häufig die Lösungen von Übungsaufgaben online oder von Kommilitonnen abgeschrieben habe. Während den letzten 3 Semestern, welche allesamt online waren aufgrund von Corona, bin ich sehr faul geworden und hab während des Semesters nur wenig für die Uni gemacht. Bei Übungsaufgaben hab ich immer ein paar Minuten reingeschaut, ein wenig überlegt, versucht Sätze aus der Vl anzuwenden, wenn mir dann irgendwas eingefallen ist hab ich es aufgeschrieben, ansonsten hab ich meist Google geöffnet und nach Lösungen gesucht. Wenn ich Lösungen gefunde habe, hab ich sie kopiert, dabei aber schon drauf geachtet, dass ich die Lösung verstehe. Das hat eine Weile auch ganz gut funktioniert; Ich habe immer die Zulassungen erreichen können, die Klausuren einigermaßen in Ordnung bestanden. Ich weiss, dass viele meiner Kommilitonnen das ähnlich machen. Dass das ganze aus einem moralischen Standpunkt etwas verwerflich ist, ist mir auch bewusst, es ist nämlich so, dass ich mich quasi durchs Studium schummle. Das ist mir erst jetzt so richtig aufgefallen, und dafür schäme ich mich. Andererseits denke ich aber auch immer: Die Übungen kosten sehr viel Zeit. Zeit, die man als Student nicht wirklich hat. Man kann sich aussuchen: Setz ich mich jetzt 3 Stunden an eine Aufgabe, welche ich möglicherweise nicht mal gelöst bekomme, oder schau ich online nach, und bin in 20 Minuten fertig? Die Übungsaufgaben sind meistens auch nicht so wirklich relevant für die Klausur; sie sind nur eine Hürde, die man überwinden muss, die Klausuraufgaben waren bis jetzt weit aus leichter als die Übungszettel. Häufig habe ich mich für Zweiteres entschieden. Dass ich mir damit auf Dauer keinen Gefallen tue ist mir bewusst. Mir fehlen nun grundlegende Skills, zb Intuition, wie man an Beweise rangeht, welche Ideen man probieren könnte etc.
Nun ist meine Frage: Falls ihr Mathe studiert (kann auch ein anderes Fach sein), wie ist das bei euch mit dem Abschreiben? Macht ihr das meiste selber, oder schreibt ihr häufig von Freunden / Internet ab? Und findet ihr das Abschreiben verwerflich? Fair ist jedenfalls nicht.
6 Antworten
Das Raussuchen und Abschreiben von Lösungen finde ich nicht verwerflich. Man muss nicht immer auf alles kommen und man kann auch mit den Lösungen lernen. Die Aufgaben sind auch so gestellt, dass man gezwungen ist auch mal in die Lösungen zu schauen. Ich finde es ist daher effektiv. Wichtig ist, dass man es hinterher verstanden hat. Dazu ist dann die Klausur da wo man eben nicht mehr nachschauen kann, sondern geprüft wird ob man es kann oder nicht. Du kannst das ja, also ist es in Ordnung.
Es ist auch leider Von vielen abhängig z.B(Lerntyp,Prof,Modul,Man selbst)
Beispiel bei mir:
Algebra und Numerik sind beide Fortgeschrittene Module mit selben CP
Algebra ist für mich nicht Problematisch.
Numerik ist gefühlt ein Mastermodul von Aufgaben her.
Wenn ich selber bei einer Aufgabe nicht weiter komme (Studium: Physik), versuche ich auch eine Lösung im Internet zu finden oder frage Studienkollegen. Allerdings versuche ich, dann nur den Ansatz abzugucken, und von dort selber weiter zu rechnen.
Verwerflich finde ich das Abschreiben nicht unbedingt, solange du zumindest versuchst den Lösungsweg zu verstehen.
Wie Du auf die Lösung gekommen bist, ist für den Übungsschein nicht erheblich. Wichtig ist aber, dass Du das verinnerlicht hast, was Du abgibst. Vor den Zeiten von Internet und E-Mail habe ich meine Mathe-Scheine ähnlich gemacht, wir waren in Lerngruppen und haben die Lösungen "geteilt". Dazu muss aber gesagt werden: Lerngruppen sind echt wichtig, wir haben uns gegenseitig die Sachen vorgestellt und im Zweifelsfall auch erklärt. Dennoch solltest Du m. E. einige Zeit für eigene Lösungsversuche (nicht zwingend Lösungen) aufwenden, damit Du den Stoff verinnerlichst.
Auch vor den Zeiten von Internet galt: Sieben mal kopieren, aber dann auch einmal kapieren!
Ich habe immer die Aufgaben zuerst selber probiert. Nur selten habe ich mal im Internet oder auf dem Lösungszettel nachgesehen. Das Studium hat mich interessiert und ich wollte die Aufgaben unbedingt selber lösen. Für mich gehört das zur Mathematik dazu, diese Verbissenheit.
Du tust dir damit keinen Gefallen, ja. Bei der Abschlussprüfung/Bachelorarbeit wirst du große Probleme bekommen. Natürlich auch später im Job, wenn dir die Grundlagen fehlen.
Verwerflich finde ich es nicht. Du schadest dir ja nur selber.
Keine Ahnung, wo da überall der Unterschied zum normalen Mathe-Bachelor ist, aber gerade die Anwendungsbeispiele sind das kleinste Problem auf einem Übungszettel.
Selbstverständlich haben wir auch das Beweisen gelernt bzw. hatten viele Übungsaufgaben, in denen wir Vermutungen beweisen mussten.
Das sicher, aber ich frage mich in welcher Komplexität. Es ist so viel leichter zu zeigen, dass es nur eine leere Menge gibt als dass eine Gruppe mit 6 Elementen isomorph zu S_3 oder C_6 ist.
Sich 'Inspiration' zu holen ist nicht unbedingt verwerflich, man sollte es dann aber schon ordentlich nachvollziehen und verstehen.
Wer zu hart abschreibt wird erfahrungsgemäß spätestens bei einer mündlichen Prüfung Schwierigkeiten bekommen - 1h Stunde "Knochenmühle" kann ganz gut die Defizite zum Vorschein bringen.
Was hast du denn studiert?